Die Christophorus-Kantorei und der Christophorus-Kinderchor
Ein Blick hinter die Kulissen der Chorarbeit
Seit der Gründung bis heute ist die Bindung an das Gymnasium in Altensteig (private Jugenddorf Christophorusschule, seit 2003 staatliches Christophorus-Gymnasium) entscheidend für den Erfolg der Christophorus-Kantorei. Die Chormitglieder sind Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums, der Chor ist ein außerunterrichtliches Angebot der Schule und repräsentiert die Schule auch nach außen. Die Christophorus-Kantorei teilt auch das Schicksal eines jeden Schulchores: jedes Jahr verliert er mit dem Abitur die besten Sängerinnen und Sänger. Nach den Sommerferien beginnt die Aufbauarbeit – und für die jüngeren Chormitglieder eröffnet sich die Chance, in Führungsrollen hineinzuwachsen. An der Schule sind die Wege der Kommunikation kurz und es entstehen viele lebenslange Freundschaften durch die Gemeinschaft von Lernen und Singen. Ein Internatschor mit seinen besonderen Probenmöglichkeiten war die Christophorus-Kantorei aber nie. Die Mehrzahl der Choristen waren schon immer Externe. Heute wohnen die Choristen alle zu Hause und kommen an drei Abenden in der Woche zur Probe.
Trotzdem ist die Christophorus-Kantorei kein typischer Schulchor. Denn die rege Konzerttätigkeit, verbunden mit einem hohen künstlerischen Anspruch und großen Zeitaufwand, die systematische Aufbauarbeit mit der individuellen Betreuung in der Einzelstimmbildung und die regelmäßige Auslandsreisen, Tonträgerproduktionen und Wettbewerbsteilnahmen gehen weit über das hinaus, was man gemeinhin unter einem Schulchor versteht.
Der Name „Kantorei“ geht auf die vom Christlichen Jugenddorfwerk und Dr. Jürg Wieber initiierte Tradition der Geistlichen Chormusik zurück. Die Christophorus-Kantorei tritt meist in Kirchen auf, oft in Konzertreihen wie „Stunde der Kirchenmusik“, ihr Schwerpunkt ist das reiche Erbe der geistlichen Chormusik. Aber die Christophorus-Kantorei ist keine Kantorei nach evangelischer Tradition in kirchlicher Trägerschaft oder eine katholisch geprägte Domsingschule mit regelmäßigen liturgischen Diensten.
Die Christophorus-Kantorei versteht sich als Konzertchor mit einer großen Repertoire-Bandbreite, die weit über eine rein geistliche Ausrichtung hinausgeht. Der Name „Christophorus-Kantorei“ vermag diese Vielfalt und Weite nur in begrenztem Maße auszudrücken.
Im Zuge der Verstaatlichung musste die Chorarbeit neu ausgerichtet werden. An die Stelle der Chorpflicht trat die freiwillige Teilnahme der Schülerinnen und Schüler am Konzept der „Chorklasse“, das von Michael Nonnenmann entwickelt und zur Basis einer erfolgreichen Chorarbeit im Rahmen des staatlichen Schulsystems wurde. ((Chorsystem ansehen)). Hier werden stimmliche Grundlagen gelegt und chorische Basiskompetenzen trainiert. Dies geschieht innerhalb des regulären Musikunterrichts im Rahmen des Bildungsplans und der in der Stundentafel vorgesehenen Musikstunden. Die Ergebnisse des Unterrichts werden in Konzerten und Auftritten der Öffentlichkeit präsentiert. In Klasse 6 wird als Klassenprojekt ein abendfüllendes Musical einstudiert und aufgeführt.
Im Jahr 2003 gab das CJD die Trägerschaft des Gymnasiums an die Stadt Altensteig ab und aus der privaten CJD Jugenddorf Christophorusschule wurde das staatliche Christophorus-Gymnasium. Die Finanzierung der jährlichen Kosten der Christophorus-Kantorei, insbesondere für die Anstellung des Stimmbildners, musste auf eine völlig neue Basis gestellt werden. Zu diesem Zweck wurde 2001 der CJD Christophorus-Chorvereins Altensteig als Trägerverein gegründet. Gleichzeitig wurde die Kooperationsvereinbarung zwischen der Stadt, dem CJD und der Schule unterzeichnet. An den Kosten beteiligten sich von nun an die Stadt Altensteig durch die Anstellung der Stimmbildner an der Städtischen Musikschule, das CJD sowie die Eltern mit Beiträgen für die Stimmbildung. Damit waren die formalen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Sicherung der Christophorus-Kantorei gegeben.
Nach der die Neuaufstellung der Chorarbeit stellten sich bald Erfolge ein bei nationalen und internationalen Chorwettbewerben, so beim Europäischen Musikfestival für die Jugend in Neerpelt/Belgien 2000 (1. Preis cum laude), beim Festival Internacional de Música de Cantonigròs/Spanien 2005 (1. Preis), beim International Musical Eisteddfod Llangollen/Wales 2008 (3. Preis), beim Internationalen Kammerchorwettbewerb Marktoberdorf 2009 (2. Preis und Publikumspreis), beim Deutschen Chorwettbewerb in Dortmund 2010 (1. Preis) u.a.
Mit dem Beginn des achtjährigen Gymnasiums mussten die Weichen wieder neu gestellt und die Nachwuchsarbeit intensiviert werden, um das musikalische Niveau halten zu können. Wolfgang Weible kam an die Schule und baute den Kinderchor, der bis dahin von Michael Nonnenmann „nebenher“ geleitet wurde, zu einem eigenständig agierenden Konzertchor aus, zunächst unter dem Namen „Christophorus-Kinder- und Jugendchor“, dann unter seinem jetzigen Namen „Christophorus-Kinderchor“. Gleichzeitig wurde die ehemalige Choristin und Konzertsängerin Jeannette Bühler als weitere Lehrkraft für Stimmbildung eingestellt. Der Christophorus-Kinderchor ist das Bindeglied zwischen den Chorklassen und der Christophorus-Kantorei. Mit ca. 15 Konzerten und Auftritten im Jahr, Konzertreisen, Wettbewerbserfolgen und Teilnahme an Chorfestivals nahm der Chor unter der Leitung von Wolfgang Weible eine rasante Entwicklung. Höhepunkte waren Erfolge beim Europäischen Musikfestival für die Jugend in Neerpelt/Belgien 2008 (1. Preis cum laude), beim Internationalen Kinderchorfestival Halle 2011 (Gunther-Erdmann-Preis), beim Deutschen Chorwettbewerb in Weimar 2014 u.a.
Zunehmend widmete sich die Christophorus-Kantorei nun auch szenischen Projekten und brachte mit großem Erfolg und Reichweite eine Oper (Carmen 2009), Oratorien (Elias szenisch 2015, Johannespassion szenisch 2018) und Musicals (West Side Story 2013, Anatevka 2017, My Fair Lady 2023) auf die Bühne.
Der Christophorus-Kinderchor führte mit großer Öffentlichkeitswirkung die Kinderoper Brundibár von Hans Krása auf (2015 und 2025).
Sie wuchs in Altensteig auf, war Schülerin am Christophorus-Gymnasium und sang während ihrer Schulzeit sieben Jahre lang in der Christophorus-Kantorei. Im Anschluss an ihr Abitur studierte sie Schulmusik mit Hauptfach Violine und Bachelor Chordirigieren bei Prof. Denis Rouger an der Musikhochschule in Stuttgart sowie Anglistik an der Universität Stuttgart. (mehr zu Carina Engel)
Die Altensteiger Chorarbeit zeichnet sich durch eine besondere Kontinuität und Nachhaltigkeit aus. In über 60 Jahren ihres Bestehens hatte die Christophorus-Kantorei nur zwei Chorleiter: Dr. Jürg Wieber von 1962 bis 1993 und Michael Nonnenmann von 1993 bis 2024. Beiden Chorleitern wurde von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg der Titel „Kirchenmusikdirektor“ verliehen. Die neue Chorleiterin Carina Engel (seit September 2024) ist in der Altensteiger Chorarbeit aufgewachsen. Wolfgang Weible leitet den Christophorus-Kinderchor seit 2004 (mit einer Unterbrechung: während seiner Tätigkeit im Auslandsschuldienst 2017-2022 wurde er von Verena Kellerer und Michael Nonnenmann vertreten).
Diese Kontinuität finden wir auch bei den Stimmbildnern: Die Ära Dr. Wieber ist eng mit Hans Hauptmann verbunden, dem ehemaligen Stimmbildner beim Leipziger Thomanerchor. Seither wird der Unterricht in Einzelstimmbildung von ehemaligen Chormitgliedern der Christophorus-Kantorei erteilt: Eberhard Schuler-Meybier (1982 bis 2017), Jeannette Bühler (seit 2004) und Samuel Schick (seit 2017). Die Einzelstimmbildung als individuelle Förderung ist das Rückgrat der Chorarbeit, besonders wichtig ist die individuelle Betreuung der jungen Männerstimmen in der Phase der Mutation.
Auch bei den Musikerinnen und Musikern, die unseren Chor bei Konzerten und Konzertreisen begleiten, gibt es eine große Kontinuität: Die Organistin Marlies Schrön gehörte zu Ära Wieber und Eberhard Schuler-Meybier (Gesang) und Susanne Schuler-Meybier (Orgel) waren mit der Ära Nonnenmann verbunden. Heute gestalten Jeannette Bühler (Gesang) und Matthias Hinderer (Orgel) die Zwischenmusiken unserer Chorkonzerte.
Die wichtigen Personen im organisatorischen Bereich sind die Mitarbeiterinnen im Chorbüro Daniela Zoufaly und Melanie Jocher, Markus Dingler in der Buchhaltung sowie Hans Peter Häusser als Vorsitzender des CJD Christophorus-Chorvereins.
Die Arbeit der Christophorus-Chöre wird von vielen Förderern unterstützt:
Der Förderkreis, organisiert von Hans Peter Häusser, leistet eine wertvolle finanzielle Unterstützung für laufende Projekte.
Der Verein ehemaliger Mitglieder der Christophorus-Kantorei (VEMC), gegründet vom ehemaligen Internatsschüler Joachim Voll, hält die Erinnerung an die gemeinsame Chorzeit bei vielen Ehemaligen wach, informiert über laufende Ereignisse und organisiert materielle und ideelle Unterstützung für die Kantorei. Nach dem langjährigen Senior Joachim Voll („Völle“) übernahmen Claudia Kern und dann Albrecht Joos den Vorsitz.
Im Altensteiger Vokalensemble (AVE), 1989 von Prof. Dr. Thomas Breitling gegründet und heute von Manuel Nonnenmann geleitet, treffen sich ehemalige Chormitglieder an Wochenenden zu Proben und Konzerten und unterstützen die Christophorus-Kantorei bei romantischen Oratorien mit großer Chorbesetzung.
Ortsansässige Betriebe und Banken unterstützen die Chorarbeit seit vielen Jahren, weitere einheimische Betriebe können immer wieder als Sponsoren bei Großprojekten gewonnen werden.
Last not least sind die Choreltern die größten Unterstützer der Chorarbeit, denn sie leisten Fahrdienste zu den Proben, die dreimal in der Woche am Abend stattfinden.
Der stehende Beifall des Publikums nach einem wichtigen Konzert, die Gemeinschaftserlebnisse bei Chorreisen und Probentagen, die Ergebnisbekanntgabe bei Chorwettbewerben und vieles weitere lösen Glücksmomente aus, die lange nachwirken. In der Christophorus-Kantorei und im Christophorus-Kinderchor werden Persönlichkeiten gebildet: Teamfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit, Ausdauer, Selbstdisziplin, Zeitmanagement, Fähigkeit zur Selbstkritik und Selbstreflexion, Frustrationstoleranz, Zuverlässigkeit, Begegnung mit anderen Kulturen und Lebensstilen auf Konzertreisen – vielen wird oft erst später bewusst, was sie in den Christophorus-Chören erlebt, gelernt und für das Leben mitbekommen haben. Diese Chorarbeit gilt es zu bewahren bei immer neuen Herausforderungen!
„Die Saat ist aufgegangen. Ich kann mich zufrieden zurücklehnen und feststellen: Das Werk ist gediehen.“
„Jede Stimme soll ihr Potenzial entfalten und trotzdem soll der Chor homogen klingen – Individuum und
Kollektiv spielen so ineinander. Vor allem auf den Reisen lernen die Chormitglieder Teamfähigkeit, Rücksichtnahme
und Toleranz: sich einzuordnen, ohne sich unterzuordnen und Individualität aufzugeben.“
„Wenn Jugendliche gemeinsam im Chor singen, entsteht mehr als Musik – es wächst ein Raum, in dem Vertrauen, Zuhören und Miteinander lebendig werden.“